Ich folge dem Geruch gebrannter Mandeln. Meine Augen funkeln schon von den ganzen Lichtern, die mich umgeben – in den Bäumen, am Karussell, an den Laternen. Weihnachten ist hier und damit die Besinnlichkeit und die gemeinsamen Abende auf den Weihnachtsmärkten. Ein Jahr habe ich darauf gewartet, um endlich wieder ganz aufgeregt den viel zu heißen Glühwein kühl zu pusten und einen klebrig-roten Mund vom kandierten Apfel zu haben. Jetzt ist er hier, der Moment. Ich wollte dieses Jahr die Weihnachtsmärkte in Graz einmal testen. 14 Stück gibt es in der ganzen Stadt verteilt. Es wirkt, als sei die Stadt ein einziger Weihnachtsmarkt. Egal in welche Gasse ich abbiege, welchen Innenhof ich betrete – es weihnachtet, und zwar ordentlich.
Ich hatte Graz nie so wirklich auf dem Schirm. Umso besser, eigentlich. Denn so bin ich völlig unvoreingenommen an ein weihnachtliches Wochenende in Graz herangegangen. Meine eigene Challenge habe ich übrigens nicht geschafft, dafür war ich aber auf 10 von 14 Weihnachtsmärkten und bezeichne mich persönlich jetzt als der Weihnachtsmarktguru von Graz. Ein Traumjob, wenn man diese ganzen Schmuckstücke detailliert unter die Lupe nimmt. Das Resultat ist eine Liste meiner vier liebsten Weihnachtsmärkte in Graz, die den perfekten Weihnachtstag gestalten.
Weihnachtsmarkt Graz: Fest der Sinne im Joanneumsviertel
Wenn die Sonne untergeht und Graz so langsam in ein zart-kühles Orange taucht, dann herrscht eine ganz besondere Stimmung. Die Luft wirkt durch die Kälte fast schon ein bisschen hart. So, als würde man durch eine Wand laufen, um von einer Straßenseite zur anderen zu kommen. Es liegt diese Magie über der Stadt, die es nur im Winter gibt. Ich kann den Schnee riechen obwohl er noch nicht da ist.
Ich spaziere durch die kleinen Gassen von Graz, blicke auf zu den wunderschönen Hausfassaden und schaue hindurch zu den vielen, kleinen Innenhöfen, echte Oasen, die sich über die ganze Stadt verteilen.
Ein wahres Paradies für alle Menschen, die gerne Verstecken spielen. Mitten in der Innenstadt verbirgt sich so eine kleine Oase: das Joanneumsviertel.
Ich lasse den Weihnachtstrubel im Grazer Zentrum hinter mir und betrete eine kleine Wunderwelt. Glühweingeruch liegt in der Luft und warm ist hier auch noch. Heimelig und schön. Mit Weihnachtsmusik im Hintergrund und lachenden Menschen an den vielen Tischen, die vor den kleinen Buden stehen. Ich kann mich gar nicht entscheiden und, sowieso, verstehe ich die Hälfte der Dinge nicht, die auf den einzelnen Karten in Kreide und Schönschrift aufgekritzelt sind: Orangenpunsch, Apfelmost, Schilcherwein oder der klassische Glühwein. Ich bin absolut unfähig eine Entscheidung zu treffen und verlasse mich, wie immer, wenn ich in Österreich bin, auf die Empfehlung und Freundlichkeit der Einheimischen. Die zücken sofort kleine Schnapsgläser und lassen mich einmal durch das gesamt Sortiment probieren. Die Wahl fällt auf Schilcherwein, der hier eine echte lokale Spezialität ist. Der Wein hat ein zartes Rosé und kommt aus der Steiermark – super lecker!
Schon beim ersten Schluck versinke ich in Weihnachtsgefühle, die bei mir normalerweise erst am Heiligabend, irgendwann zwischen Bowle und Heringssalat auftauchen. Das liegt eindeutig an Graz und an diesem kleinen Innenhof hier, der eigentlich das Zentrum des Museumsviertel ist. Doch von Trubel und Touristen merke ich hier nichts. Ganz im Gegenteil: ein angenehmer Mix aus weihnachtlichem Frohsinn, österreichischer Lebensfreude und dem Geruch von Glühwein.
Fazit:
- Stimmung: 2 – Ruhig und entspannt
- Glühwein: 1,5 – Lecker
- Deko: 1+
- Publikum: 2 – Gediegen, ruhig und erwachsen
Weihnachtsmarkt Graz: „Aufsteirern“-Weihnachtsmarkt am Schlossberg
Bevor die Sonne komplett untergegangen ist flitze ich schnell durch die Innenstadt und nehme die Schlossbergbahn auf den Schlossberg. Innerhalb von fünf Minuten bin ich oben und werde, mal wieder, mit frischem Geruch von Glühwein, gebrannten Mandeln und Weihnachtsmusik begrüßt. Nur dass diesmal die Aussicht, Stimmung und Atmosphäre ganz anders ist. Von der Bahn aus biege ich erst einmal nach rechts ab, um den Sonnenuntergang über Graz noch aus 123 Metern zu sehen. Wahnsinn, welch besonderen Charme eine Stadt hat, wenn die Sonne untergeht und man von oben auf die langsam einschlafende Stadt herabblickt.
Mitten in der „Aufsteirern-Welt“ befinden sich viele kleine Buden, an denen einheimische Spezialitäten und Handwerk angeboten werden. Das ganz liegt in einer Art Burg oder Festung, mit offenem Dach und hat deshalb etwas von einem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt. Es wirkt, wie das Haus, in dem Aschenbrödel wohnt. Eine tolle Vorstellung.
Fazit:
- Stimmung: 2,5 – Ruhig, aber dennoch voll
- Glühwein: – leider nicht probiert
- Deko: 2 – aufgrund der Umgebung so oder so schön
- Publikum: 2 – Gediegen, ruhig und erwachsen
Weihnachtsmarkt Graz: „WonderLEND“ – Mariahilferplatz
Von Weitem höre ich schon die letzten Klänge von „Ein Bett im Kornfeld“ und bin insgeheim froh, dass ich den Rest davon verpasst habe. Ich spaziere durch die leeren Straßen auf der „anderen“ Seite des Flusses, der Mur, der Graz teilt.
Hier sind kaum Menschen, bis ich mich dem Funkeln des Riesenrads nähere, den neuen Schlager höre und eine wippende Menschentraube erblicke. Ja, ich muss zugeben. Im ersten Moment hat das hier wenig von Weihnachtsatmosphäre, aber beim genaueren Hinsehen und, vor allem, beim Mitwippen wird’s mir klar: Ist Fröhlichkeit und Beisammensein nicht das, was Weihnachten ausmacht?
Wenn es danach geht, dann hat das „WonderLEND“ am Mariahilferplatz eindeutig gewonnen. Der kleine Weihnachtsmarkt besitzt nicht mehr, als ein paar kleine Buden und ein Riesenrad. In der Mitte befindet sich eine kleine Hütte, die mit Möbeln ausgestattet sind, die frei zum Verkauf stehen. Lend ist übrigens das neue, hippe Viertel von Graz. Kein Wunder, dass ich jetzt gerade von Hipstern mit Hornbrillen und Sneakers umgeben bin.
David Hasselhoff läuft. Der DJ mit Perücke und Glitzerbrille nimmt einen Schluck aus dem Koffeinbier, das in Graz gebraut wird, und die Meute tanzt. Damit klettert das „WonderLEND“ direkt auf meinen Favoritenplatz in der Rangliste der Weihnachtsmärkte in Graz.
Fazit:
- Stimmung: 1 – Am Schlagerabend am Freitag super!
- Glühwein: 1,5 – Lecker
- Deko: 2 – eher minimalistisch, aber trotzdem gut
- Publikum: 1 – Hipster, jüngeres Publikum mit Trendcharakter
Weihnachtsmarkt Graz: FM4 Advent-Paradies im Paradeishof
Es ist 22 Uhr. Viel zu spät, um noch auf einem Weihnachtsmarkt zu stehen. In Graz ist das anders. Hier trinkt man mit Glühwein vor und geht dann feiern – und zwar auf dem Weihnachtsmarkt. In einem kleinen Innenhof, dem Paradeishof, stehen rechts und links ein paar Buden. Es wirkt ein bisschen so, als stünde hier ein Streetfood Market, nur dass es sich hier um einen echten Weihnachtsmarkt handelt. Das FM4 Advent-Paradies. Stimmt, Paradies. Das merke ich direkt, als ich am Himbeerglühwein nippe und mich über echte Himbeeren freue.
Ganz vorne stehen ein paar Leute, die die Elektrofaust zum Takt von den Jungs von T.E.P. schwingen. Gut, das bin ich. Aber andere stimmen auch bald mit ein und so stehen wir da, wippen zu Elektro mit einem Glühwein in der Hand. Ich glaube, diese Art von Weihnachten ist meine liebste. Das Paradies schließt um 23:30 und damit endet auch meine Glühweintour durch Graz auf der ich 10 Weihnachtsmärkte getestet habe. Mag es am 10. Glühwein liegen oder an der Stimmung generell, aber Graz, du hast Weihnachten wirklich drauf. Ganz besonders im Paradeishof.
Fazit:
- Stimmung: 1 – Elektromeute!
- Glühwein: 1 – Super lecker und eine riesige Auswahl
- Deko: 1,5 – Der Innenhof ist toll
- Publikum: 1 – Entspannt, tanzend, jung
Ob Graz im Sommer, als Kurzurlaub oder nur als 24 Stunden Stop – Graz ist toll!
Vielen Dank an Graz Tourismus für den Weihnachtsausflug nach Graz!
Liebesschlösser auf der Brücke in Graz
Über der Mur
Mitten im Lend, dem neuen, hippen Viertel in Graz
Der Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz
Einer der vielen geschmückten Innenhöfe
Tolle Arkadenhöfe schmücken die Innenstadt von Graz
Weihnachten? Kaum zu übersehen in Graz.
Der Tag danach:
Oh je. Ich wusste, dass diese Herausforderung einen kleinen Haken haben wird. Hier ist er. Er brettert mit Vollkaracho direkt in meinen Kopf. Rechts oben sitzt er und pocht. Kopfschmerzen. Ganz schreckliche Kopfschmerzen. Und dazu geschmackliche Überbleibsel in der hintersten Ecke meines Gaumens. Das muss der Himbeerglühwein sein. Der vom letzten Stand. Also der auf dem 10. Weihnachtsmarkt, den ich gestern besucht habe. 10 Weihnachtsmärkte und der Kopf schmerzt. Aber es hat sich gelohnt.
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