Der beste Weg eine fremde Kultur zu verstehen, ist direkt in sie einzutauchen. Auf Reisen ist so etwas nicht immer einfach. Aus Unwissenheit oder auch Bequemlichkeit landen Reisende oft in den touristischen Gegenden einer Stadt und verpassen dabei das wahre Leben des bereisten Landes. Wahrscheinlich wäre es mir in Nepal ebenso ergangen, wenn ich nicht die Projekte des Community Homestay entdeckt hätte. Touristen können über das Projekt einheimische Familien kennenlernen, bei denen sie dann übernachten und leben. Dadurch wird nicht nur der kulturelle Austausch gefördert; das Projekt unterstützt die Schaffung von Arbeitsplätzen, mindert dadurch die Landflucht und hebt gleichzeitig den Lebensstandard der Einheimischen.
Auf meiner Reise durch Nepal habe ich gleich zwei Homestays kennengelernt. Beide waren sehr verschieden, aber was sie gemeinsam hatten, war das intensive Erleben der nepalesischen Kultur und der Gastfreundschaft. Heute möchte ich euch von meiner ersten Homestay Erfahrung in Panauti berichten.
Urlaub in Nepal – Ankunft in Panauti
Nach meiner Ankunft in Panauti habe ich mich direkt auf den Weg zu meiner Gastfamilie gemacht. Ich war extrem aufgeregt, was mich in meinem neuen Zuhause für die nächsten Tage erwarten würde. Wie leben die Menschen hier? Vor allem nach dem Erdbeben? Wie haben sie das alles erlebt und wie empfangen mich diese Menschen in dieser für sie schweren Zeit? Tausend Fragen schwirren durch meinen Kopf. Aber auch die Vorfreude war extrem groß. Endlich hatte ich die Gelegenheit hinter die Fassaden zu schauen. Wie oft gehe ich auf meinen Reisen durch die Straßen und versuche mir vorzustellen, wie es wohl hinter den verschlossenen Türen und Fenstern aussieht. Welche Geschichten sich hinter den Mauern abspielen, welche Ideen und Träume dort wohnen. Bald würde ich es erfahren. Wenn wir uns überhaupt verständigen können? Ich versuche meine Gedanken auszuschalten und mich einfach auf das Abenteuer einzulassen und dann beginnt es schon.
Urlaub in Nepal – Unterwegs in fremden Betten
Ich stehe in dem dunklen Flur meiner Gastfamilie. Ich muss mich leicht bücken, da die Decken sehr niedrig sind, plötzlich werde ich von zwei alten Händen nach unten gerissen. Die Oma der Familie, die mir bis kurz über den Bauch reicht, umarmt mich so herzlich und überschwänglich, dass mir fast die Luft weg bleibt. Sie braucht keine Worte um zu sagen: “Willkommen in unserer Familie”. Über die steile, dunkle Holztreppe werde ich zu meinem Zimmer gebracht. Die Töchter (21 und 17 Jahre), die beide gutes Englisch sprechen, bringen mich in mein sauberes, großes Zimmer, in dem wir uns erst mal ein bisschen kennenlernen. Die Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes alleinstehend ist, bringt uns Tee und Gebäck. Sie kann sich mit Hilfe dieses Projekts ein paar Rupie, neben den Einkünften aus dem Shop im Erdgeschoss dazu verdienen. Außerdem können ihre Töchter so ihr Englisch verbessern und die Welt kennenlernen. Zuhause.
Urlaub in Nepal – Reden und Verstehen
Wie sehr sie das wollen wird mir schnell deutlich. Der Tee ist noch nicht wirklich leer, da sind wir schon wieder unterwegs, die Stadt erkunden. Die Mädchen wollen mir alles zeigen und wissen wie es bei mir zuhause so aussieht. Wie ich lebe und was ich mache. Warum ich mit fremden Menschen in einer sogenannten WG lebe und noch nicht verheiratet bin haben sie zwar nicht so ganz verstanden, aber nachdem ich offensichtlich nicht der erste Gast war, der so wirres Zeug erzählt, haben sie verstehend genickt.
Sie zeigen mir einen schönen Aussichtspunkt auf einem Hügel, von dem aus wir in der Abenddämmerung über die ganze Stadt schauen können. Normalerweise dürfen sie nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr alleine durch die Stadt laufen, heute gibt es eine Ausnahme. Sie zeigen mir die Tempelanlage und den Ort am Fluss wo die Toten verbrannt werden. Wir laufen durch die dunklen Gassen, teilweise beleuchtet durch Kerzen in Schreinen. An manchen Stellen ist es aber so dunkel, dass ich aufpassen muss mit meinem Fuß nicht in dem unregelmäßig verlegten Kopfsteinpflaster stecken zu bleiben. Panauti scheint aus den Augen eines Europäers ein bisschen aus der Zeit gefallen. Gemütlich wirkt hier alles. Und so wundert es mich nicht, dass wir mal eben noch ein bisschen Milch in der Plastiktüte in einem Keller kaufen gehen.
Ausblick über Panauti am Abend
Die Mädchen sprudeln über. Vor Freude, vor Aufregung und vor Dingen die sie mir unbedingt erzählen wollen. So auch, wie sie das Erdbeben empfunden haben. Sie reden darüber als wäre es eine wilde Achterbahnfahrt gewesen. Sicherlich haben sie den Ernst der Lage verstanden, aber in so einer Situation hat nun mal jeder seine eigenen Methoden damit umzugehen. Sie selbst haben keinen Schaden davon getragen, mussten nur ein paar Tage die oberen Stockwerke ihres Hauses räumen. Ein Statiker habe die Sicherheit des Hauses geprüft, versichern mir die Mädchen. Jetzt können sie sich wieder problemlos überall aufhalten.
Urlaub in Nepal – In der Fremde zu Hause
So können wir nach unserer Heimkehr auch alle zusammen in der gemütlichen Küche in der 4. Etage sitzen. Das Haus ist zwar schmal, hat dafür aber 5 Etagen die alle von der kleinen Familie genutzt werden. Die Mutter steht in der Küche schon am Herd und bereitet das Abendessen für uns alle vor. Es gibt nepalesische Spezialitäten, angerichtet als eine Art Fingerfood. Ich möchte gerne helfen und so zeigt mir die Frau des Hauses wie die Köstlichkeiten zubereitet werden. Der Strom ist ausgefallen. Beim stimmungsvollen Licht einer Taschenlampe sitzen wir alle gemeinsam am Boden und essen mit unseren Fingern das leckere Chapati. Ich könnte kaum glücklicher sein. Die anderen sind es auch. „Ich habe jetzt drei Töchter“ freut sich die Mutter. Ich bin dankbar. Dankbar für so viel Gastfreundschaft und die Möglichkeit so tiefe Einblicke zu gewinnen. In eine fremde Kultur, eine fremde Familie und einen fremden Alltag, der plötzlich gar nicht mehr so fremd scheint. Ich wurde mit einer Selbstverständlichkeit in diese Familie aufgenommen, dass meine anfänglichen Sorgen fast schon lächerlich wirken.
Chapati einfach selbst gemacht
Der Strom ist wieder da. Zeit für das allabendliche Ritual der Familie. Gemeinsam Bollywood Filme im Bett der Mutter schauen. Natürlich bin ich dabei. Als ich davon ausging, dass jetzt der ruhige Teil des Abends beginnt, habe ich mich allerdings getäuscht. Jetzt blühen meine Gastgeberinnen erst richtig auf. Während mir die Eine ein Henna-Tattoo aufmalt, zeigt die Andere ihre Facebook Fotos. Wir tauschen deutsche und nepalesische Vokabeln aus und lachen uns über die falschen Aussprachen kaputt. Und dann ist er gekommen. Der Moment auf den die Mädels anscheinend schon den ganzen Tag gewartet haben. Ich soll den Sari der Mutter anziehen. Jetzt bekommen sie sich gar nicht wieder ein. Zugegeben, ich finde es auch ganz cool mal so ein traditionelles Gewand anzuprobieren und vor allem zu sehen, wie aufwendig es gewickelt und gesteckt wird. Ich bin überrascht wie schwer und warm es unter den vielen Stoffschichten ist. Bei den nepalesischen Frauen sieht das auch in der wärmsten Sonne immer so leicht aus. Ich bin froh als ich den Sari wieder ausziehen darf und auch als ich am Ende dieses aufregenden Tages endlich im Bett liege.
Urlaub in Nepal? – Immer wieder!
Ich bin müde und erschöpft, kann aber kaum meine Augen geschlossen halten. Wie in einem Actionfilm schießen die vielen neuen Eindrücke durch meinen Kopf. Ich liebe diese Tage, an denen ich erschöpft vor lauter Glück, wie im Delirium in meine Träume abdrifte. Beim Schreiben habe ich grad schon wieder ein Lächeln im Gesicht und bin ganz aufgeregt vor Freude über die schönen Erlebnisse im Community Homestay Panauti.
Wer seine kindliche Neugier behält, kann immer etwas Neues entdecken
Der örtliche Bäcker zaubert leckere Roti
Ein herzliches Danke für die spannende Reise, geht an Royal Mountain Travel.
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6 Kommentare
Ich finde das du recht hast das man oft das wirkliche Leben verpasst. Für mich ist das auch immer so ein innerlicher Kampf zwischen “ich will die tollen bekannten Plätze sehen” und “ich will das sehen was man sonst nicht sieht”. Meist klappt es das ich von beiden etwas erlebe. Natürlich nicht so intensiv wie du in deinem tollen Beitrag, aber zumindest so das es für mich reicht und ich das Gefühl habe auch die Menschen hinter den Hotelanlagen kennengelernt zu haben.
Deine Fotos sind wirklich toll und ich würde zu gern das Essen das auf den Fotos gekocht wird probieren. Die Küche muss wirklich sehr lecker dort sein!
Grüße Ciliegia
Community Homestay klingt interessant. Wenn ich nach Nepal reise, versuche ich das mal.
Ja, hört sich total toll an!
Wow, was für ein Einblick, da hast du ja das pure Leben in Nepal mitbekommen! :-D
Ich liebe es auch, direkt bei Familien oder in WGs zu leben, um das Land bzw. die Menschen so WIRKLICH kennenzulernen. In Costa Rica habe ich auch bei einer Gastfamilie gewohnt, das war super genial und man lernt die Sprache um tausend Längen besser.
Fazit: Die von dir genannte Plattform werd ich mir definitiv einmal anschauen – danke! :-)