Christine, was sehen wir auf deinem Foto des Tages?
Was ganz oft an Urlaubsorten völlig vergessen und ignoriert wird – das Hinterland. Dieses Foto habe ich im Künstlerdorf Grožnjan aufgenommen. In den 70er Jahren war dieses Dorf fast komplett ausgestorben. Dann entdeckten es Künstler für sich, kauften sich die Häuser und verzauberten das Örtchen in einen magischen Ort. Ich wollte auch gar nicht mehr weg. Irgendwas lag da in der Luft. Ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit. Künstler saßen auf der Straße und malten oder tranken vor ihren Läden Tee. Ach, wie schön wäre es hier zurück zu kommen und zu bleiben um zu schreiben…
Istriens Hinterland
Was hast du heute gelernt?
Ich sag es doch, das Hinterland hat es in sich. Ich habe heute gelernt, wie Olivenöl gepresst wird. Die Oliven kommen in eine Maschine, werden von Ästen und Blättern befreit, sowie gewaschen. Dann zerhäckselt eine Maschine die Früchte, die anschließend bei 22 Grad kalt gepresst werden. Was ich bis dahin nicht wusste, das die Masse, die beim Kaltpressen übrig bleibt, weiterverkauft, erhitzt und nochmal gepresst wird. Das ist dann das billige Olivenöl beim Discounter.
Welche drei Sachen haben dich heute glücklich gemacht?
Ich habe heute eine kleine Radtour durch Istrien gemacht. Am Meer entlang und durch Olivenhaine. An einer Stelle ging es eine Straße bergab und es war herrlich. Der Geruch von Pinienbäumen in der Nase, der Fahrtwind in den Haaren.
Ich war ganz alleine auf der Straße und konnte lautstark singen: What a beautiful day hey hey hey….
Das Ziel meiner Tour war eine Fischerhütte am Wasser. Ganz unscheinbar lag sie da am Straßenrand und erinnerte mich an eine Mischung aus Schrebergartenhäuschen und Biergarten. Die Besitzer, Familie Bernobic, sind eine echte Fischerfamilie: der älteste Sohn ist beim Fischen draußen, der jüngste Sohn putzt den Fisch neben der Küche, die Mutter kocht und der Vater ist das Mädchen für alles. Die Gerichte sind der Hammer – pure, frische Zutaten, die einfach mit ein bisschen Knoblauch, Öl und Petersilie verfeinert werden. Wahnsinnig gut.
Ich bin in Istrien an der Küste entlang gelaufen und da sah ich ihn. Im beigen Safari-Look saß er am Meer und malte den Ort Poreč auf seinen Block, mit feinen, schwarzen Tuschestrichen. Eine Stunde später kam ich wieder vorbei und sein Bild war nun ganz bunt. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und fragte ihn, ob ich ein Foto von seinem Bild machen darf. Er persönlich fand es nicht so schön und versuchte sich zu entschuldigen, denn er hat es zu oft überarbeitet. Für mich ist es das schönste Bild, das ich seit Langem gesehen habe, denn es ist mit so viel Liebe und Zeit gemalt. Zeit, das ist genau das, was mir gerade so sehr fehlt. Zeit für meinen Freund und meine Freunde. Zeit für die Familie. Zeit für solche Sachen, wie mich zwei Stunden ans Meer setzen und ein Bild malen. Aber ich weiß auch, dass ich die Einzige bin, die diesen Zustand ändern kann und das nehme ich mir vor. Ich muss mir mehr Zeit schenken. Ich muss lernen nein zu sagen und verstehen, dass man nie alles schafft. Vorsätze vergisst man ja gerne. Deswegen bin ich so froh, dass ich dieses Foto gemacht habe, das mich ab heute immer daran erinnern wird mehr Zeit mit den wirklich wichtigen und schönen Dingen zu verbringen. Denn was viele und auch ich manchmal vergesse – man hat sein Leben selber in der Hand.
Frage des Tages: Wann habt ihr euch das letzte Mal für eine Sache richtig Zeit genommen?