Ich hatte in meiner Jugend eine ausgeprägte, esoterische Phase, das kann ich nicht leugnen. Es stehen immer noch Weihrauchkessel und Bücher mit dem Titel „Das kleine Hexen ABC“ in meinem Bücherregel. Ich glaube jedoch nicht mehr daran, dass es etwas bringt den Fuß einer Taube zu verbrennen und die Asche über die Türschwelle zu streuen um unerwünschte Gäste fern zu halten. Was jedoch geblieben ist, das Interesse an Kräuter.
Damals habe ich meine ganze Familie mit irgendwelchen Kräutertees gegen jegliche Leiden geheilt – versucht zu heilen. Es stand immer auf meiner imaginären To Do-Liste einmal im Leben in die Berge zu fahren, eine alte Kräuterhexe zu finden und ihr ganzes Wissen an mich zu reißen. In den Bergen habe ich noch keine Kräuterhexe gefunden, aber in Curacao. Dinah Veeris betreibt auf der Karibik-Insel seit 20 Jahren einen Kräutergarten. Mehr als 300 Pflanzenarten wachsen hier in der exotischen Umgebung. Kaum zu glauben, wenn man weiß, dass Dinah Veeris als Kind überhaupt keine Pflanzen mochte. Sie arbeitete jahrelang als Grundschullehrerin bis ein schwerer Schicksalsschlag ihr die Augen für einen neuen Weg öffnete. Mit 37 bekam sie Gebärmutterhalskrebs. Kein Arzt konnte ihr helfen, aber ein Kraut, das ihr jemand in Barbados gegeben hat. Das war der Zeitpunkt an dem sie ein offenes Ohr für die Heilkraft von Pflanzen bekam. Sie kündigte ihren Job und fing an das Wissen von Heilpflanzen zu sammeln und sie anzubauen. Mittlerweile ist Dinah 74 Jahre alt, hat Bücher geschrieben, ist auf Facebook und hat bald nicht nur einen kleinen Laden neben dem Kräutergarten, sondern auch einen Onlineshop.
Ich sitze unter einem geschützten Palmendach auf einem Stuhl. Der Wind bläst erfrischend durch exotischen Bäume und Büsche, deren Früchte aussehen wie Honigmelonen. Dinah steht vor mir und stahlt. Es ist ein funkeln in den Augen, das meinen Blick an ihr haften lässt. Eine Lebensenergie die überschwappt. Positive Aura, ein Wort, das ich sonst nur mit Filzwesten und Energiebällchen in Verbindung bringe, doch hier hat es eine ganz andere Anmutung. Jeden Tag um 9:30 versammeln sich unter dem Palmendach Besucher, die Dinahs Leidenschaft teilen oder neugierig darauf sind, was die Macht der Kräuter kann. Wir gehen los, langen Bäume an, die uns Energie geben, sehen Pflanzen deren Blätter die Kiemen von Fischen lähmen und mit Rum gegen Läuse helfen und Äste, sogenannte Stoki, die früher zum Zähneputzen genutzt wurden. Immer wieder bleibt Dinah stehen und singt, damit die Pflanzen besser gedeihen. In diesem Kräutergarten gibt es für jedes Übel ein Kraut. Dinah reicht mir ein paar Blätter. „Probier einmal, dass hat eine belebende Wirkung.“ Moringa Oleifera”, steht auf dem Schild neben der Pflanze. Es gibt Kräuter zum einnehmen oder einschmieren, Heilpflanzen gegen Krebs, Asthma, Rheuma oder Herzbeschwerden. Aber auch Grünzeug für Wünsche. Ein Blatt namens „Temetika“ auf dem man den Namen seines Liebsten einritzt und es vier Wochen in ein Buch legt. Wenn es nach vier Wochen Wurzeln hat, ist alles gut. Wenn es verwelkt ist, dann nimmt man ein anderes Blatt, wünscht sich etwas und „wenn der Wunsch in Erfüllung geht, dann muss du wieder nach Curacao kommen.“, sagt Dinah Veeris, sie lacht und ich lache. Nicht nur mit dem Mund, sondern auch vom Herzen, denn jetzt blühe ich auf. Wenn es etwas ganz besonderes gibt, dann Menschen mit Leidenschaft, die einen einfach mitreisen und in deren Anwesenheit man wächst.
So sehen die Äpfel in Curacao aus!
Die Begegnung mit Dinah Veeris
Pflanzliche Zahnbürste.
Aloe Vera
Mit diesem Blatt wünscht man sich etwas und legt es dann ich ein Buch. Wenn der Wunsch in Erfüllung gegangen ist, kommt man wieder nach Curacao.
Vielen Dank an Curaçao für die Unterstützung!
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