Es war vor genau sechs Wochen, als ich ihn das erste Mal sah. Es war ein Sonntagmorgen, als ich auf dem Weg ins Fitnessstudio war. An einem Sonntagmorgen um 11 Uhr, ist man in Berlin daran gewöhnt, dass man Leichen der letzten Nacht sieht. Er saß auf der Treffe zur U-Bahn. Er trug einen grauen Kapuzenpullover. Ich habe mich gewundert, ob ihm nicht warm ist. Es war einer derjenigen Sonntage, an denen es noch oder sollte ich lieber sagen ausnahmsweise warm war und die Sonne schien. Er saß da und redete mit sich selbst. Er war für mich eine typische Leiche der letzten Nacht, mit noch einigem Alkohol und vielleicht auch Drogen in sich. Es wunderte mich nicht sonderlich ihn da sitzen zu sehen. Am Abend holte ich mir ein Video aus der Videotheke und dann stand er plötzlich an der anderen Straßenseite an der U-Bahnstation. Immer noch im grauen Pulli und er redete immer noch mit sich selber. Er war einer von vielen. Es fing jedoch an seltsam zu werden und er verfolgte mich. In den letzten Wochen sah ich ihn immer wieder an der U-Bahnstation Samariterstraße. Im Durchschnitt zwei Mal die Woche. Morgens oder abends, wenn ich zur Arbeit ging. Er bettelte nie und sprach mit niemandem außer sich selber. Doch er trug immer diesen grauen Kapuzenpullover. Jede Woche war er ein bisschen dreckiger. Die letzten Wochen stand neben ihm immer ein Bier. Seine Jacke wurde dreckiger und dreckiger. Ich habe ihn heute wieder gesehen und sie war eher braun, als grau, mit Rissen am Saum. Was hat er die letzten Wochen gemacht? Welches Schicksal ist ihm widerfahren, dass er seit sechs Wochen an dieser U-Bahnstation lebt, mit seinem Bier. Eines morgens wollte ich ihn ansprechen, doch ich habe mich nicht getraut. Was soll ich sagen: Wie geht es dir? Was machst du so? Warum trägst du immer die gleichen Klamotten und trinkst schon um acht Uhr morgens Bier? Hast du kein zu Hause? Es macht mich traurig und nachdenklich ihn zu sehen aber ich weiß auch, ich kann ihn nicht helfen. Und auch nicht vergessen…
3 Kommentare
ja, sowas soll es geben und das was uns diese Personen sagen oder besser sie schreien uns an "ich bin alleine, ich funktioniere nicht mehr" ein roboter auf umwegen, es gibt einrichtungen, streetworker oder aber die Psychatrie für solche Menschen, du kannst helfen indem Du genau diese Menschen die sich um solche Menschen kuemmern kontaktierst und informierst… aber bitte sprech ihn nicht an, Du weisst nicht was passieren kann und deine Angst ist klar berechtigt so Menschen sind unberechenbar: schau mal hier:
http://www.gangway.de/gangway.asp?client=gangway&cat1id=90&cat2id=92
Verständlich ist es, dass du den ansprechen möchtest, nur würde ich das auch nicht an deiner Stelle tun. Man weiß wirklich nie, wie dieser Mensch tickt.. vorallem in solch einer misslichen Lage. Ist er denn immer noch dort? Sind ja mittlerweile paar Tage vergangen seit dem Post ^^
Übrigends seh ich auch in Steglitz manche Leute öfters. Vor paar Monaten kam ein Bericht im Fernsehen, dass 2 Jahre lang eine Frau (Ärztin!) aus England auf der Straße bei Rathaus Steglitz gelebt hat.. und auch noch da, wo ich immer vorbeigelaufen bin. Aber die ist mir nie aufgefallen. Jedenfalls hat sie eines Tages das Bedürfniss gehabt nicht mehr zurück nach England zugehen um den Job weiter zu machen. Sie fand das Leben auf der Straße angenehmer als das.
Irgendwie Wahnsinn sowas…