Wie kann man sich so ein Heubad vorstellen? Ich habe bei dem Begriff eine weiße Marmorwanne im Kopf, in der eine blonde Frau liegt, deren Haar so weizengold schimmert, wie das trockene Heu, das ihre Wanne befüllt. Doch wie kann man ein Bad im trockenen Heu nehmen? Gar nicht. Meine Fantasie entspricht überhaupt nicht der Realität, was ich ganz schnell gemerkt habe, als ich selbst die blonde Lorelai im Heubad spielen durfte. Ich bin im Südtirol aber nicht mehr auf meiner einsamen Dibaita Hütte auf der Seiser Alm, sondern in Völs am Schlern im Hotel Heubad.
Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die Bauern in Südtirol zur Ernte im Sommer auf die Bergalm zogen. Hier ernteten sie tagsüber das Heu und nachts schliefen sie im Heustock. Die Bauern merkten, dass nach einer Nacht im Heu ihre Erschöpfung von der Mahd wie weggeblasen war und sie am nächsten Morgen wieder frisch und munter weiterarbeiten konnten.
Die Bauern erzählten ihre Beobachtung weiter, Mediziner und Wissenschaftler untersuchten dieses Phänomen und so kam das Heubad erstmals 1888 im Buch über die „Volksmedizin“ vor. Die Anwohner von Völs richteten sich zu der Zeit schon Heubad-Gelegenheiten in ihrer Scheune ein und Völs wurde offiziell der Heubadort und viele Wein- und Obstbauern aus der Umgebung kamen mit Gliederschmerzen nach Völs. Hier lautete die Regel zur Genesung „Sieben Heubäder und neun Weinbäder.“ Unter Weinbädern verstand man den geselligen und feucht-fröhlichen Abend. Die Tage in Völs waren wie ein Kururlaub für die Bauern und es wurden allmählich richtige Kurbetriebe eröffnet und die Wirkung des Heus weiter erforscht.
Doch worin liegt die heilende Wirkung eines Heubades? In den Dolomiten, auf den Wiesen oberhalb von 2000 Metern, findet man eine besondere Vielfalt an Blättern, Blumen und Kräutern. Das Heu wird nach der Ernte gelagert, entwickelt beim Gärungsprozess ein Brennen und wird ganz heiß. Dieser Gärungsprozess wird durch Spaltpilze hervorgerufen. In den gärendem Heuhaufen, der Temperaturen von 40 bis 60 Grad erreichen kann, macht der Badbetreiber ein Loch, in das sich der Kurgast bis zum Hals legt. Dann beginnt der Körper ordentlich zu transpirieren und der Stoffwechsel wird angeregt.
1991 wurde eine neue Badeform entwickelt, welche den hygienischen Standard der heutigen Gesellschaft angepasst wurde. Wer möchte sich schließlich noch in nasses Heu legen, in das schon Hundert andere rein geschwitzt haben? Das Heubaden findet heute in einem modernen SPA statt. Auf einer Liege wird das Heu, etwas 3 bis 4 Kilo pro Person eingewässert und auf eine Folie gelegt. Darauf muss ich mich nun nackt legen und mein ganzer Körper wird mit dem warmen, nassen Heu bedeckt. Danach werde ich in eine Folie eingewickelt und in ein beheiztes Wasserkissen abgesenkt. Bei 42 Grad schwitze ich 20 Minuten im Heu vor mich hin. Es hört sich jetzt nicht so romantisch an, wie eine weiße Marmorwanne, aber es ist auf jeden Fall effektiv. Danach werde ich in einen Ruheraum gebracht, mit Leinentüchern und Decken eingewickelt und darf nachschwitzen. Heute gibt es auch keinen Wein oder Cognac mehr nach dem Heubad, sondern ganz vorbildlich Kräutertee. Na dann, auf die Plätze, fertig und ab ins Heu!
Infos zum Heubad:
Für welche Krankheiten eignet sich das Heubad?
Bei Muskel- und Gelenkrheumathismus, Muskelkrämpfe, Ischias, bei subakuten Nierenentzündungen, Stoffwechselkrankheiten, Fettleibigkeit und Lebererkrankungen. Das Heubad wird seit über 100 Jahren erfolgreich angewandt und hat auch eine entgiftende Wirkung.
2 Kommentare
Oweh, mit Heuschnupfen ist das aber nichts, oder? Ich sehe mich da niesend liegen…
Liebe Grüße
Jessi